Ein stiller Spaziergang durch meinen Roman "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben"
Der staubverhangene uralte Dachboden - Der dritte Ort, wo die Geschichten ihrer Erinnerungen zuhause sind
Jeder Ort erzählt eine Geschichte. Und diese Geschichten sind voller Erinnerungen. Aber nicht nur, dass diese Orte voller Erinnerungen aus den erlebten Geschichten sind – sondern: Wenn man diese Orte betritt, können sie einem eine ganze Menge über die Menschen erzählen, die diesen Ort einst bewohnt haben. So auch ein uralter Dachboden, der - mit einer dicken Schicht Staub überzogen – sehr oft Jahrzehnte nur darauf wartet, dass jemand die Geheimnisse in ihm entdeckt. Und sobald man einen solch uralten Dachboden betritt, hört man die Stimmen aus der Vergangenheit ganz leise wispern. Genauso geht es Maja in meinem Roman. Als sie den Dachboden im Haus am Meer nach vielen Jahren wieder betritt, werden ihr nicht nur aus der Vergangenheit Erlebnisse wieder bewusst, sondern es werden ihr auch Geheimnisse ihrer Familie offenbart, die ihr so gar nicht bewusst waren. Und genau von diesem staubverhangenen Dachboden will ich dir heute in diesem Artikel erzählen…
Dachböden üben auf mich seit jeher eine ganz große Faszination aus. Vor allem uralte Dachböden aus ferner Vergangenheit, die tatsächlich über Jahre oder Jahrzehnte hinweg niemand betreten hat. Da ist dieser skurrile Charme aus Stille, Geheimnis und Staub. Das sind die Dinge, die man dort findet.
Viele uralte Dachböden sind wahre Fundgruben an uralten Schätzen. An Dingen, die es heute so nicht mehr gibt. Die nicht mehr hergestellt werden und deshalb einfach vergessen sind. Es sind nicht nur die Erinnerungen an die eigene Vergangenheit. Nein. Es sind die Erinnerungen der eigenen Herkunft, die sich da sichtbar macht. Denn oft findet man auf derlei Dachböden Dinge von Menschen, die vor Generationen an dem Ort gewohnt haben. Die dort gelebt und ihre gesamte Energie an diesem Ort verströmt haben. Und vielleicht ist sogar der Geist des einen oder anderen Bewohners von einst immer noch spürbar in der heutigen Zeit und spukt dort auf die ein oder andere Weise herum. Wer weiß...
Ein solcher Ort wirft bei mir immer Fragen auf. Fragen, wie die Menschen dort einst wohl gelebt haben. Ob sie wohl glücklich waren, an diesem Ort. Was sie gemacht und wie sie ihren Alltag gestaltet haben. Welche Person sie als Mensch dort verkörpert und mit wem sie sich tagtäglich umgeben haben. Ob ihre Seele sich an dem Ort wohl gefühlt und sich entfaltet hat. Ja, ob sie das aufgrund der zeitlich gegebenen Umstände überhaupt konnte. Vor allem, ob sie es durfte. Was war ihnen wichtig. Was nicht. Was waren ihre Interessen. Was mochten sie gar nicht. Von was haben diese Menschen gelebt. Wer war ihr Umgang. Welche Kleidung haben die Menschen getragen. Was haben sie dort an dem Ort alles erlebt und gefühlt.
Ich fand die Idee, einem antiken Dachboden einen besonderen Platz und seinen ganz eigenen Raum in meiner Geschichte zu geben, sehr faszinierend. Denn mit Dachböden kann man viel anstellen. Dort kann im Laufe der Zeit sehr viel passieren.
Der uralte staubverhangene Dachboden in meinem Roman ist stiller Zeuge aus einer Zeit, die so ganz anders war, als die Zeit, in der Maja jetzt lebt. Wenn dieser Dachboden sprechen könnte, würde er ihr so vieles erzählen. Er spricht auch mit ihr, als sie ihn nach vielen Jahren wieder betritt. Aber die Stimme, mit der dieser Ort zu ihr spricht, spricht durch die Dinge und durch die einzigartige Atmosphäre, die sie da oben vorfindet.
Die Stille, die sie dort oben erlebt und die solche Dachböden immer ausstrahlen, löst etwas aus, was sie so noch nicht kennt. Und dem muss sie sich in diesem Roman stellen. Die dunklen Ecken und Dinge, die sie dort oben so findet, erzählen eine ganz eigene Geschichte. Zwischen all den verstaubten Kartons und uralten Möbeln liegen ganz eigene Welten verborgen, die eine Zeit, die sehr weit zurückliegt, mit der Zeit des Heute verbindet.
Es sind die uralte Truhe, deren Deckel sich nur schwer öffnen lässt und die uralten, schon leicht vergilbten schriftlichen Dinge, die sie dort findet, die ihr eine längst vergangene Zeit offenbaren, von der sie nicht mal geahnt hat, dass es sie gibt.
Plötzlich wird sie mit Fragen konfrontiert, für die sie noch keine Antworten hat. Andere Dinge wiederum sprechen von selbst. Sie sprechen alleine durch ihre Anwesenheit. Und die Zeit, die sie durch ihre Existenz symbolisieren. Es sind die geheim gehaltenen Verstrickungen ihrer Familie, die sie entdeckt. Dinge, die unter den Teppich gekehrt wurden, weil nie jemand darüber gesprochen hat.
Ein solcher Dachboden ist aber nicht nur ein Relikt aus der Vergangenheit und einer anderen, sehr fernen Zeit. Er steht für einen Prozess von Entdeckung. Nicht nur Entdeckungen in der äußeren Welt, sondern vor allem Entdeckungen auch in der inneren Welt.
Vielleicht sind die uralte Uhr, die nicht mehr tickt, der inzwischen beschlagene Spiegel, in dem man sich nur noch verschwommen erkennt, die Fotos aus antiker Zeit oder vergilbte Dokumente, die in der Hand fast zerbröseln, so alt ist deren Papier, ein Symbol für all die Dinge, die im eigenen Leben nicht richtig oder nicht mehr funktionieren. Die es jetzt zu entwirren gilt, und man braucht einen Faden der Orientierung, wie der rote Faden von Ariadne, der Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus wieder herausfinden lässt und den sie ihm aus Liebe zu ihm gegeben hat.
Mir persönlich gefällt diese einzigartige Atmosphäre von vergessenen, stillen und uralten Dachböden. Mir macht der Gedanke Spaß, an solchen Orten zu stöbern. Und vielleicht dann in Erinnerungen zu schwelgen. Oder sich auszumalen, wer die Bewohner der Dinge waren, die sich dort finden.
Bei manchen Dachböden ist es gar nicht so leicht, da hinauf zu gelangen. Weil es da keine knarzende Treppe gibt, die man einfach hinaufsteigt, sondern man braucht eine Leiter, um sie zu erreichen. Und die muss man erst hinstellen. Und sie dann noch hinaufklettern. Vielleicht gibt es dort auch kein Fenster und somit kein Licht und man braucht eine Kerze, Laterne oder auch Taschenlampe, um was zu sehen. Vielleicht wird man umhüllt von trauriger Dunkelheit. Von Spinnweben, die überall von den Holzbalken hängen. Von tiefen Schatten, die sich in Nischen dort bilden. Vielleicht wird man auch eingeholt von den Geistern der (eigenen) Vergangenheit. Die mit einem dann flüstern oder einen vielleicht gar auch tief erschrecken. Wenn man all dem nicht vorher gewappnet ist.
Das alles regt meine Phantasie an und ich male mir aus, wie es da oben wohl aussehen könnte, wie es sich anfühlt, da oben so ganz alleine zu sein und vor allem, was man da vorfindet. Man fängt an zu träumen. Und was passiert, wenn man träumt? Man verliert sich in inneren Bildern. In seinen Gedanken. Man sucht darin nach dem Sinn. Man sucht nach der Antwort. Man sucht nach der Bedeutung, die all das für einen selbst hat. Und so entstehen dann Geschichten daraus. Weil man all dem eine Bedeutung gibt. Und diese Bedeutung dann auf die Figur im Roman überträgt. Und der Gedanke dadurch erst lebendig wird.
Was dieser Dachboden im Haus am Meer für Maja bedeutet, zeigt sich im Lauf meiner Geschichte. Er ist auf jeden Fall ein Ort der Erkenntnis. Ein Schlüssel zu Rätseln, die von ihr noch gelöst werden. Aber er ist auch ein Raum, mit dem sie sich findet. Auch finden dort Dinge statt, die ich dir hier nicht – und auch in meinem Roman nicht – noch nicht - verrate. Denn das möchte ich dann in einer Fortsetzung dieser Geschichte erzählen. Weil es dann eine Rolle für Maja spielen wird.
Und genau wie der Dachboden ist auch der Weg, den Maja gehen muss, von finsteren Schatten und dunklen Geheimnissen überzogen. Und so wird jeder einzelne Schritt – in der Stille dort oben, Äonen entfernt von der normalen Welt – jede neue Entdeckung, eine Offenbarung sein, die eine Veränderung für sie bringt, die tiefgreifend, aber nicht sofort sichtbar ist. So wie auch die antiken Dinge auf diesem Dachboden nicht auf den ersten Blick sichtbar und auffindbar sind.
Im nächsten Text nehme ich dich mit zu einem Satz aus der Geschichte, der Majas Leben entscheidend beeinflusst hat.
© Von Herzen, Isi Winderberg
Dieser Text gehört zu meinem Projekt "Ein stiller Spaziergang durch meine Bücher". In dieser fünfteiligen Reihe aus "Hinter dem Vorhang zwischen den Seiten" nehme ich dich mit zu den Orten meines Romans "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben". Ich freue mich, wenn du bei meinem nächsten Ort wieder dabei bist.
Ein stiller Spaziergang durch meinen Roman "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben"
Das Atelier ihres Vaters - Der zweite Ort, wo die Geschichten ihrer Erinnerungen zuhause sind
Jeder Ort erzählt eine Geschichte. Und diese Geschichten sind voller Erinnerungen. Aber nicht nur, dass diese Orte voller Erinnerungen aus den erlebten Geschichten sind - sondern: Manche der Orte bewahren mehr, als dass sie verraten. Und in meinem Roman gehört das Atelier ihres Vaters zu diesen bewahrenden Orten. In diesem Artikel erzähle ich dir, warum das Atelier ihres Vaters der zweite Lieblingsort meiner Protagonistin ist und weshalb er ihr so viel bedeutet.
Das Atelier von Majas Vater existiert deshalb in der Geschichte, weil er den Raum für sein Da-Sein als Künstler braucht. Es ist sein Raum. Sein Rückzugsort. Sein Raum zum Gestalten und Schaffen, zum Träumen, Verbergen. Wenn er da drin ist, will er für sich allein sein. Und niemand darf ihn dann stören. Maja darf ihn manchmal darin besuchen. Was für sie dann ein ganz besonderer Tag ist. Sie spürt die Geheimnisse, die dieser Ort hält, findet aber keine Worte für ihr Gefühl. Sie weiß es intuitiv. Niemand spricht auch darüber, was dieser Ort weiß. Und wenn der Raum selbst sprechen könnte, würde er die Geheimnisse, die damit verbunden sind, durch seine Worte sofort verraten. Und vielleicht ist all das der Grund, was ihn für Maja so anziehend und geheimnisvoll macht.
Denn – auch, wenn sie klein war, hat sie ganz deutlich gespürt: Dieses Atelier war ein Hüter. Ein Hüter der Kunst ihres Vaters und - seiner Geheimnisse. Ein Hüter von dem, was er dachte und fühlte.
Wenn ich an diesen Ort denke, sehe ich auf der Stelle den realen Garten aus meiner eigenen Kindheit vor mir, der mir als Inspiration gedient hat, das Atelier ihres Vaters entstehen zu lassen. Dort, weit hinten am Ende des weitläufigen Gartens von meinen Großeltern hatte mein Vater als Hobby-Imker jahrelang seinen Bienenstand stehen, bei dem er oft war. Zu dem ich auch mit durfte, wenn er mit seinen Bienen beschäftigt war. Allerdings musste ich einen gewissen Sicherheitsabstand einhalten, damit mich die Bienen nicht stechen. Er hatte ja seine Schutzhaube auf und Handschuhe an, (und wahrscheinlich auch einen Arbeitskittel mit langen Ärmeln, aber das weiß ich nicht mehr genau), wenn er die Waben herausgeholt hat, um aus ihnen den Honig zu schleudern. Ich durfte ihm dabei immer helfen und die Kurbel der Schleuder drehen. Und dann haben wir dabei zugesehen, wie der flüssige Honig in die dazugehörenden Eimer geflossen ist. Die er sorgfältig mit Deckeln verschlossen und dann verkauft hat. Und dann hat er mir ein Stück frische Wabe zum essen gegeben, die getropft hat, von flüssigem Honig. Das war dermaßen lecker, das habe ich als Kind sehr genossen. Ich fühlte mich dort behütet und immer beschützt.
Ich sah als kleines Mädchen meinen Vater als Hüter der Bienen. Um die er sich immer gekümmert hat. So wie er sich um mich auch gekümmert hat, damit es mir gut geht.
Und genau diese gemeinsame wertvolle Zeit mit meinem Vater habe ich mit der Geschichte von Maja verwoben. Weil auch sie in ihrer Kindheit die wenige Zeit, die sie im Atelier ihres Vaters mit ihm verbringen durfte, so sehr genossen hat und die für sie so unendlich wertvoll war.
Der Bienenstand am Ende des Gartens – wo Fuchs und Hase sich im wahrsten Sinne des Wortes Gute Nacht gesagt haben, war für mich so was wie ein geheimes Portal. Ein Ort, inmitten Natur, weit genug weg von der Welt, aber nah genug dran, an dem, was in mir selbst lebt. Es war, als ob dieses versteckte Portal zu mir flüstert: „Komm her, komm zu mir, wenn du bereit bist.“
Immer wenn ich an diesen Bienenstand und das Atelier ihres Vaters denke, wünsche ich mir, auch ich hätte ein solches Atelier inmitten Natur. Weit genug weg von der Welt und den Menschen und ganz nah dran an dem, was tief in mir lebt. Ein Raum im außen, in dem ich erschaffen und schaffen und mich entfalten kann. Und in dem ich nur Menschen empfange, die es mir wert sind, den Raum betreten zu dürfen. Ein Ort, wo meine Geheimnisse leben und dieser Raum sie behütet. So wie mein innerer heiliger Raum, von dem ich die Hüterin bin.
Leider war es mir bis jetzt nicht vergönnt, einen solch heiligen Raum besitzen zu dürfen. An dem ich schalten und walten kann, wie ich es brauche und will. In meinem Inneren schon. Aber nicht in Form eines externen Künstlerateliers im außen, in der Natur. Und vielleicht hat genau diese Sehnsucht in mir das Atelier ihres Vaters im Buch geschrieben. Die Magie eines Ortes, an dem man alleine sein darf. An dem man sich nicht erklären und rechtfertigen muss. Ein Ort ohne Fragen. Aber ein Raum voller Antworten, wenn man richtig hinein lauscht. Oder wirklich in ihn hinein spürt.
Ein Atelier ist heute für mich viel mehr als ein Raum. Es ist ein Versprechen:
Es ist das Versprechen – ja, ein fast heiliger Schwur – dass es immer einen Platz für uns gibt, am dem unsere inneren Welten geschrieben, gemalt und gezeichnet oder anderweitig ausgedrückt werden. Selbst, wenn niemand anders sie so versteht.
Und vielleicht hat dieser Ort - das Atelier - nicht nur der Figur in meiner Geschichte gehört. Vielleicht schenke ich es mit jedem Wort und jedem Detail auch meinem inzwischen schon lange verstorbenen Vater. Der nie sein eigenes Atelier hatte, obwohl er es sich so sehr verdient hat. Denn sein Leben lang hat auch in ihm eine hochsensible Künstlerseele gewohnt, die er bis auf wenige Jahre in seiner Jugend nie wirklich rauslassen konnte. Und vielleicht darf er es jetzt - heimlich, im Raum zwischen den Worten und Welten - betreten und zeichnen und malen, wie er es insgeheim immer schon wollte. Und seine Künstlerseele endlich entfalten.
Für mich ist der Ort, an dem meine Texte und Bücher und all meine kreativen Projekte entstehen, mein heiliger Ort. Er ist für mich Kunst, Magie, Schreibstube und Atelier – alles in einem. Weil ich mich an dem Ort entfalte. Und er für mich Geborgenheit pur ist. Den ich mir eingerichtet habe, wie ich es will. Wie ich ihn brauche. Für meine Geborgenheit. Weil es mein Ort ist, der durch mich lebt. Der meine Kraft trägt und meine Geheimnisse hält. Und sich von meiner Energie nährt, die permanent fließt. Der meine Magie behütet und schützt. Weil ich die Hüterin dieses heiligen Raums bin. Sowohl im außen als auch in meinem Inneren.
Am Ende dieser Geschichte wird meine Protagonistin auf jeden Fall fündig. Sie wird etwas finden, nachdem sie so nicht gesucht hat. Doch dieses Geheimnis wird noch ein Weilchen in seiner Verborgenheit leben. Vielleicht so lange, bis auch sie – und ich – eines Tages das Atelier in seiner Ganzheit betreten kann…
Hast du auch einen Lieblingsort, der sich dir eingeprägt hat und der durch die Geschichte hinter seiner Geschichte – nämlich deiner Erinnerung, die in dir noch pulsiert – zu dir immer wieder mal spricht?
Im nächsten Text steige ich mit dir die knarzenden Stufen hinauf zu einem staubverhangenen uralten Dachboden, in dem die Stimmen vergangener Erinnerungen noch leise wispern...
© Von Herzen, Isi Winderberg
Dieser Text gehört zu meinem Projekt "Ein stiller Spaziergang durch meine Bücher". In dieser fünfteiligen Reihe aus "Hinter dem Vorhang zwischen den Seiten" nehme ich dich mit zu den Orten meines Romans "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben". Ich freue mich, wenn du bei meinem nächsten Ort wieder dabei bist.
Ein stiller Spaziergang durch meinen Roman "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben"
Jeder Ort erzählt eine Geschichte. Und diese Geschichten sind voller Erinnerungen. Und ich möchte dir auf diesem stillen Spaziergang durch die wichtigsten Orte meines Romans die Geschichten hinter den Geschichten – die unzähligen Erinnerungen, die jeder Ort in sich trägt und die nicht in meinem Roman stehen - erzählen. In diesem Artikel erzähle ich dir, warum dieser Strand der Lieblingsort meiner Protagonistin ist. Was sie dort wie ein Magnet immer wieder neu hinzieht. Und warum er ihr so viel bedeutet.
Viele Begegnungen besitzen ihren Ursprung am Meer. Und so beginnen dort viele Geschichten. So beginnt auch die Geschichte meines Romans dort am Meer. Denn an diesem Strand finden in meinem Roman Begegnungen statt, ohne die es die gesamte Story nicht gäbe. Er besitzt deshalb eine elementare Bedeutung für den gesamten Verlauf.
Es handelt sich um den Strand an der französischen Küste von Nizza. Die Baie de Anges – die sieben Kilometer breite Bucht der Engel, mit ihrem azurblauen Meer. Das tatsächlich ständig die Farbe wechselt, je nach Wetter und Licht. Die azurblauen Stühle, die für die Besucher in langen Reihen auf dieser Promenade aufgestellt sind, verkörpern schon lange ein ikonisches Wahrzeichen und gibt es dort seit den 1950er Jahren. Von dort aus kann man das einzigartige Panorama mit Blick aufs Meer genießen. Ich erwähne sie deshalb, weil die Stimmung und Atmosphäre an diesem Ort sonst nicht dieselbe wäre. Sie sind ein Symbol für das Lebensgefühl der Franzosen und sie sind ein Symbol dieser Bucht.
Dieser Strand, der übrigens über die ganze Länge ein Kiesstrand ist, erinnert meine Protagonistin an die Erlebnisse aus ihrer Kindheit, an ihre Großmutter und an das gemeinsame Ritual, das sie mit ihrem Bruder seit ihrer Kindheit dort immer wieder mal zelebriert. Und das in der Geschichte von mir nicht erwähnt wird. Das aber in einer Fortsetzung der Geschichte noch eine eigene wichtige Rolle spielen wird. Weshalb ich es dir an der Stelle hier nicht verrate :)
Oft ist sie allein da, aber sie kommt auch regelmäßig mit den Menschen her, die ihr sehr nahe stehen. Dieser so weite Strand und der einzigartige Blick auf den endlosen Horizont vermittelt ihr die Ruhe für sich, die ihr sonst fehlt. Er spendet ihr Trost, wenn sie mal traurig ist. Und er schenkt ihr eine Magie, die sie sonst nirgendwo fühlt. Hier fühlt sie sich heimisch. Und auch ihre Erinnerungen sind dort äußerst lebendig.
Genauso wie meine persönlichen Erinnerungen an diesen Ort heute noch immer äußerst lebendig sind. Auch ich war – bevor ich diesen Roman begonnen habe, zu schreiben – an diesem magischen Ort. Und habe das ikonische Wahrzeichen in Form der blauen Stühle gesehen. Ja, ich bin selbst dort gesessen und habe die ganze Breite der Bucht abgelaufen. Und habe den unvergleichlichen Blick hinaus aufs azurblaue Meer mit all meinen Sinnen genossen. Die Weite der Bucht und der endlose Horizont und das unglaubliche Blau, das in den unterschiedlichsten Farbnuancen überall dort präsent ist. Wir sind diese Strecke sogar zweimal gelaufen. Einmal am Tag und einmal dann Nachts. Und haben die nächtliche Stimmung dort auch noch genossen. Das Meer hat im Dunkeln geschimmert wie tiefschwarze Seide.
Der Himmel, das Meer, diese Stühle, das besondere Licht, die Sonne, die gesamte Atmosphäre in dieser Bucht, an diesem Strand, erzeugt schon eine magische Stimmung. Es hat was, was mit Worten kaum zu erklären ist, die Atmosphäre der Promenade zu jeder Tages- und Nachtzeit zu genießen. Ich wollte dort gar nicht mehr weg. Und ich habe mich damals ernsthaft gefragt, wie es wohl wäre, dort immer zu leben. Wie gut es die Menschen dort haben, jederzeit an den Strand gehen zu können. Jederzeit – wenn sie wollen – das Meer zu genießen. Die Weite zu fühlen, dort wo der Himmel am Horizont sachte das Meer küsst und mit ihm scheinbar in eine einzige Einheit verschmilzt. Den Alltag vergessen zu haben und einfach nur unbeschwert sein. Frei zu sein. Und all das wollte ich mit meiner Protagonistin und ihre Liebe zu diesem Ort durch meine Geschichte in meinem Roman zu dir als Leserin oder Leser transportieren. Und dich mit meinen Worten berühren.
Leider war damals die Zeit viel zu kurz, weil wir – das war im Jahr 2011 - mit unserem Wohnmobil nur auf der Durchreise waren. Ich hätte die Atmosphäre dort so gerne länger genossen. Weshalb ich dem Strand in meinem Roman den ihm gebührenden Raum gebe. Er darf seine Magie dort vollends entfalten. Was er bei dem kurzen Aufenthalt bei mir damals nicht wirklich konnte. Nur ansatzweise. Aber das hat schon gereicht, in mir das Gefühl zu erwecken, dass dieser Strand ein sehr wichtiger Teil meiner Geschichte sein wird. Und Maja erlebt dort so viel. Der Strand prägt ihr gesamtes Leben. So wie er mein Leben mit dieser Erfahrung ein Stück weit geprägt hat und diese Erinnerung auch heute noch hin und wieder in mir pulsiert.
Die Bucht der Engel verkörpert für mich das Gefühl von unbeschwertem Sein, Freiheit und Lebenslust. Sie ist ein besonderer Teil meines persönlichen Lebens, eine Erinnerung, die für immer in meinem Herzen wohnt, so wie er ein essentiell wichtiger Teil im Leben meiner Protagonistin ist. Weil sie diesen Strand liebt. Und so wie mir das berühmte französische „savoir-vivre“ imponiert und gefällt, bedeutet es auch genau das für Maja.
Zwischen ihr und mir existieren Parallelen. Denn wäre ich dort nicht persönlich gewesen, und hätte dieses nicht in Worte zu fassende Gefühl der Magie dieses Ortes nicht selber gespürt, gäbe es die Begegnungen dort in meinem Roman nicht. Da sie nirgendwo anders als dort hätten stattfinden können. Ich wollte mit meinen Worten in der Geschichte das Besondere einfangen, das mit diesem einmaligen Ort verbunden ist. Und ich glaube, das ist mir gelungen.
Was am Ende dann bleibt, ist die Erinnerung. Eine Erinnerung, die verbunden ist, mit einer Geschichte. Die vielleicht flüchtig ist, sich aber vielleicht auch im Herzen verankert, für immer. Und vielleicht fängt damit was an, was sich erst mit der Zeit, die vergeht, zeigt.
Hast du auch einen Lieblingsort, der sich dir eingeprägt hat und der durch die Geschichte hinter seiner Geschichte – nämlich deiner Erinnerung, die in dir noch pulsiert – zu dir immer wieder mal spricht?
Im nächsten Text nehme ich dich mit ins Atelier ihres Vaters. Ein Ort voller Stille, Farbe und geheimer Geschichten…
© Von Herzen, Isi Winderberg
Dieser Text gehört zu meinem Projekt "Ein stiller Spaziergang durch meine Bücher". In dieser fünfteiligen Reihe aus "Hinter dem Vorhang zwischen den Seiten" nehme ich dich mit zu den Orten meines Romans "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben". Ich freue mich, wenn du bei meinem nächsten Ort wieder dabei bist.
Ein stiller Spaziergang durch meinen Roman "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben"
In meinem Roman spielen bestimmte Orte eine wichtige Rolle – nicht nur als Schauplätze in der Geschichte, sondern als emotionale Wegmarken meiner Protagonistin. Die Orte sind nicht einfach bloße Kulissen. Sondern sie atmen. Und sie erinnern. Weil sie lebendig sind. Sie halten innerhalb ihrer Mauern etwas verborgen, was mit Worten nicht zu erfassen ist.
Selbst wenn die Geschichte in meinem Buch zu Ende ist, sind diese Orte weiterhin da. Weil manche davon auch jenseits meines Romans in der Realität existieren. Und jeder dieser Orte erzählt dabei ein Stück der Geschichte meiner Protagonistin – und ist auch für mich als Autorin mit besonderen Emotionen, Bildern und Erinnerungen verbunden.
Mit dieser Blogreihe lade ich dich ein, mich auf einen Spaziergang durch mein Buch zu begleiten.
Es ist ein Spaziergang durch Worte und Bilder, durch inneres Terrain und äußere Landschaft. Ein leiser Weg zurück zu dem, was das Herz erinnert – auch wenn es im Buch nie ausdrücklich ausformuliert wurde.
Ich nehme dich mit und zeige dir die fünf Orte, die mich beim Schreiben besonders berührt haben. Manche davon kommen direkt im Buch vor, andere eher zwischen den Zeilen. Und einen Ort gibt es, der zwar immer anwesend war, aber in der Geschichte nie ausdrücklich eine Rolle gespielt hat.
Ich lade dich ein, mir zu folgen. Text für Text. Ort für Ort.
In den folgenden Beiträgen stelle ich dir diese Orte nach und nach vor. Lass dich überraschen, welche Orte das sind. Und vielleicht gewinnst du dadurch einen ganz anderen Blick auf die Geschichte – oder du entdeckst etwas darin, das dich selber berührt.
Ich wünsche dir nun viel Freude beim Lesen :)
© Von Herzen, Isi Winderberg
Dieser Text gehört zu meinem Projekt "Ein stiller Spaziergang durch meine Bücher". In dieser fünfteiligen Reihe aus "Hinter dem Vorhang zwischen den Seiten" nehme ich dich mit zu den Orten meines Romans "Die Sternsteins - wer es wagt, zu lieben". Ich freue mich, wenn du bei meinem ersten Ort dabei bist.
Zur Autorin
Isi Winderberg
Ich bin Autorin von bislang neun Büchern. In meinen Büchern teile ich den Erfahrungsschatz meines tiefgreifenden Fachwissens und schreibe Geschichten. Von Kindheit an hat sich bei mir sehr vieles um Bücher gedreht. Und es hat mich mein Leben lang fasziniert, wie Menschen Geschichten erfinden und sie in ihren Büchern zum Leben erwecken. Genau das wollte ich auch. Ich wollte meine ganz eigenen Geschichten erfinden und sie mit meinen ureigenen Worten zum Leben erwecken. So dass du beim lesen das Gefühl in dir spürst, in diese Geschichte hineingesogen zu werden. Und innere Bilder in dir entstehen. Das ist für mich die pure Magie des Schreibens an sich.